Diese Unwahrheit kann direkt auf die diskreditierte Forschung von Paul Cameron und seinem Family Research Institute zurückgeführt werden, insbesondere auf eine von ihm mitverfasste Studie aus dem Jahr 1994 mit dem Titel “The Lifespan of Homosexuals“. Anhand von Nachrufen aus Zeitungen, die die homosexuelle Gemeinschaft beliefern, kamen er und seine beiden Mitautoren zu dem Schluss, dass homosexuelle Männer im Durchschnitt mit 43 Jahren starben, während die durchschnittliche Lebenserwartung für alle Männer in den USA damals bei etwa 73 Jahren lag. Auf der Grundlage derselben Nachrufe behauptete Cameron auch, dass Schwule 18-mal häufiger bei Autounfällen sterben als Heterosexuelle, 22-mal häufiger an Herzinfarkten sterben als Weiße und 11-mal häufiger als Schwarze an derselben Ursache. Er kam auch zu dem Schluss, dass Lesben 487-mal häufiger durch Mord, Selbstmord oder Unfälle sterben als heterosexuelle Frauen.
Bemerkenswerterweise sind diese Behauptungen zu einem festen Bestandteil der Anti-Homosexuellen-Bewegung geworden und haben häufig ihren Weg in die Mainstream-Medien gefunden. William Bennett zum Beispiel, Bildungsminister unter Präsident Reagan, verwendete Camerons Statistiken in einem Interview, das er 1997 der ABC-Nachrichtensendung “This Week” gab.
Wie praktisch alle seine “Forschungen” ist Camerons Methodik jedoch ungeheuerlich fehlerhaft – am offensichtlichsten, weil die von ihm ausgewählte Stichprobe (die Daten aus den Todesanzeigen) nicht im Entferntesten statistisch repräsentativ für die LGBTQ+ Bevölkerung als Ganzes ist. Sogar Nicholas Eberstadt, ein Demograf am konservativen American Enterprise Institute, hat Camerons Methoden als “einfach lächerlich” bezeichnet.
Anti-LGBTQ-Organisationen haben auch versucht, diese Behauptung zu untermauern, indem sie die Arbeit seriöser Wissenschaftler*innen verfälschten, wie z. B. eine 1997 von einem kanadischen Forscherteam durchgeführte Studie, die sich mit schwulen und bisexuellen Männern befasste, die in den späten 1980er und frühen 1990er Jahren in Vancouver lebten. Die Autoren der Studie wurden sich bewusst, dass ihre Arbeit von Anti-LGBTQ-Gruppen falsch dargestellt wurde, und veröffentlichten eine Antwort, in der sie die Gruppen zur Rede stellten.
Quelle: THE SOUTHERN POVERTY LAW CENTER