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Warum sind so viele Religionen homophob?

Homophobie in der Religion

Bevor du diesen Beitrag liest, ein wichtiger Hinweis: Du kannst keinem Menschen pauschal unterstellen queerfeindlich zu sein, weil er einer (bestimmten) Religion angehört. Es gibt genug Beispiele, die zeigen, dass auch streng religiöse Menschen LGBTQ+ Personen akzeptieren oder selbst LGBTQ+ sind.

Wir kennen sie wohl alle: religiöse Menschen, die aus ihren heiligen Schriften zitieren um zu zeigen, dass queer zu sein falsch ist. Ich kann gar nicht sagen wie oft ich in meinem Leben mir schon anhören musste, dass mein “Lebensstil” gegen die Bibel verstößt oder von anderen Menschen Geschichten gehört habe, die sich bei ihrer religiösen Familie nicht outen können, weil sie wissen, dass die dann verstoßen werden würden.

Homophobie und Religion – es macht oft den Eindruck, als gehen diese beiden Begriffe Hand in Hand. In diesem Beitrag möchte ich mich genau diesem Thema widmen und der Frage “Warum sind so viele Religionen homophob?”.

Was sagen Studien zum Thema Homophobie & Religion in Deutschland?

2016 veröffentlichte die Antidiskriminierungsstelle des Bundes eine bevölkerungsrepräsentative Umfrage zum Thema “Einstellungen gegenüber lesbischen, schwulen und bisexuellen Menschen in Deutschland”.

In der Zusammenfassung der Studie sagen sie, “die Ergebnisse bestätigen zudem den bekannten Zusammenhang zwischen Religiosität und Homophobie: Je religiöser sich die Befragten selbst einschätzen, desto eher werten sie LSBT*-Personen ab. Die Religionszugehörigkeit selbst ist dagegen weniger bedeutsam.”

Das Gefühl, dass Religion & Homophobie oft Hand in Hand gehen konnte hier also belegt werden. Doch warum haben so viele Religionen anscheinend Probleme mit LGBTQ+ Personen?

Woher kommt Homophobie in der Religion?

Jede Religion hat eine eigene komplexe Entstehungsgeschichte. Was sie jedoch alle gemein haben: die heiligen Schriften und eigenen “Regeln” werden häufig so ausgelegt wie es den gläubigen Personen passt.

Vermutlich hast du schonmal einen Satz gehört wie “Die Bibel sagt aber, dass Homosexualität eine Sünde ist!” (ich auf jeden Fall!).

Interessanterweise sind diese Aussagen nicht nur queerphob, sondern verdrehen auch die Worte der eigenen heiligen Schrift, um die eigene Queerfeindlichkeit zu rechtfertigen. Nehmen wir dieses Beispiel und schauen uns an was die biblische Theologin Ilse Müllner dazu sagt:

“Nein, aus der Bibel lässt sich überhaupt nicht ableiten, wie man sich heute als Christ oder als Christin mit Blick auf das Thema Homosexualität positionieren muss. Erstens, weil die Bibel nichts über Homosexualität, wie wir sie heute verstehen, aussagt. Und zweitens, weil die sexuellen Akte, die darin beschrieben werden, immer in ihrem jeweiligen kulturellen und sozio-historischen Kontext betrachtet werden müssen. Die Vorstellungen von einer homosexuellen Partnerschaft gab es damals noch nicht. Davon spricht man erst seit Beginn des 19. Jahrhunderts.”

Naja, dann nehmen diese Menschen die Bibel halt einfach sehr sehr sehr genau? Nope, denn dann müssten sie auch Aussagen wie diese befolgen:

  • Keine Mischgewebe tragen: “Lege kein Kleid an, das aus zweierlei Faden gewebt ist.” 3. Mose 19,19
  • Männer dürfen sich Kopf- & Barthaare nicht schneiden: “Ihr sollt euer Haar am Haupt nicht rundherum abschneiden noch euren Bart stutzen.” 3. Mose 19,27
  • Sonntags arbeiten bedeutet Tod: “Wer an diesem Tag arbeitet, soll sterben.” 2. Mose 35,2 (sry an alle Pastorinnen und Pastoren)
  • Frauen haben in der Kirche nichts zu sagen: “Es steht der Frau schlecht an, in der Gemeinde zu reden.” 1. Korinther 14,35

Was ich mit diesen Beispielen sagen möchte: Oft wird die Religion als Rechtfertigung genommen um das eigene Wertesystem & die eigene Queerfeindlichkeit zu legitisimisieren. Alles wird so ausgelegt, dass es einem passt – und das ganze andere nervige Zeug wird halt ignoriert. Klar, das macht Sinn. Schließlich ist es damit nicht mehr meine persönliche Meinung, sondern Gottes Willen!

Warum ist Homophobie in der Religion ein Problem?

Ganz Grundlegend gesagt, ist Homophobie IMMER ein Problem. Wenn Menschen aufgrund ihrer Sexualität oder Identität diskriminiert werden ist das nie okay.

Homophobie in der Religion ist aber auf seine eigene Art problematisch.

“Naja, dann lass sie halt denken was sie möchten. Die dürfen in ihren 4 Wänden doch sagen und denken was sie wollen!”.

Klares NEIN zu dieser Aussage.

Die Kirche ist in Deutschland leider immer noch sehr eng mit Staat & Politik verbunden. Es ist kein kleiner Hobbieverein der sich einmal im Monat im Biergarten trifft (wobei auch hier Homophobie kacke wäre) sondern eine einflussreiche Gemeinschaft.

Vier Beispiele, wie Homophobie in der Religion direkte Auswirkungen auf LGBTQ+ Personen hat:

Laut einer Studie von Amnesty International kam es nach einer homophoben Predigt von Erzbischof Tonyé Bakot im Kamerun vermehrt zu Überfällen auf LGBTQ+ Personen.
Eine andere Studie von 2014 der ugandischen LGBTG+ Organisation SMUG (Sexual Minorities in Uganda) belegt, dass religiöse Homophobie Treiber für die Verschärfung der Gesetze gegen Homosexuelle ist.

Eine konservative Auslegung des Korans bzgl. Homosexualität führt dazu, dass in manchen Ländern sogar die Todesstrafe verhängt werden kann. Neben der Gesetzgebung leiden queere Muslim*innen auch unter dem gesellschaftlichen Druck, da das eigene Coming-out oft den Ausstoß aus der eigenen Familie und Gesellschaft bedeutet.

Zum Schluss möchte ich noch den Dokumentarfilm „God Loves Uganda“ (2013) Regisseur Roger Ross Williams ansprechen. Dieser handelt von der amerikanischen evangelikalen Bewegung in Uganda und deren Einfluss auf die afrikanische Kultur. Religiöse Füher*innen betreiben dort rhetorische Hetze gegen Lesben & Schwule und möchten „sexuelle Immoralität“ bekämpfen. Letztendlich führt dies zu verschärften Gesetzgebungen gegen Homosexualität in Uganda.

Homophobie & Religionen – ein positiver Umbruch

Wie bereits ganz am Anfang angemerkt, kann man nicht alle Religionen bzw. religiösen Menschen als queerphob abstempeln. Es gibt viele Beispiele die zeigen, dass Relegion divers, tolerant und queerfreundlich gelebt werden kann.

Muhsin Hendricks ist der weltweit erste offen schwule Imam und leitet die Non-Profit-Organisation „The Inner Circle“ in Kapstadt. Diese hilft queeren Muslim*innen den Islam mit ihrer sexuellen Orientierung in Einklang zu bringen.

Erzbischof Desmond Tutu hat sich immer wieder gegen die Verfolgung und Kriminalisierung von LGBTQ+ Menschen ausgesprochen: “I have no doubt that in the future, the laws that criminalise so many forms of human love and commitment will look the other way the apartheid laws do to us now – so obviously wrong.”

Bischof Christopher Ssenyonjo vom St. Paul’s Reconciliation and Equality Centre (SPREC) in Kampala/Uganda potestierte 2011 öffentlich gegen die Ermordung des Menschenrechtsaktivisten David Kato.

Die Organisation “Inclusive and Affirming Ministries” setzt sich seit 1995 für mehr Akzeptanz von LGBTQ+ Personen in der Religion ein. Zu ihrem Angebot gehören Beratungen, Trainings, Workshops, Infobroschüren, Arbeitsmaterialien und Schulungsmaterial.

“The Other Sheep” setzt sich für LGBTQ+ Menschen im christlichen Glauben ein. Sie veranstalten Seminare, Umfragen und glaubensübergreifende Konferenzen, um Vorurteile abzubauen.

Und noch ein letztes Beispiel: die KwaZulu Resolution. 2014 kamen in Südafrika Aktivisti*nnen, Wissenschaftler*innen und religiöse Vertreter*innen aus zehn afrikanischen Ländern zusammen. Sie sprachen über Sexualität, Religion und Gleichberechtigung. Das Ergebnis war die KwaZulu Resolution, mit der sie sich öffentlich gegen Diskrimierung von LGBTQ+ Personen aussprachen.

Wenn du mehr über Bewegungen explizit in Deutschland wissen möchtest, empfehle ich dir diese Seite vom LSDV. Sie fassen die ganze Thematik perfekt zusammen:

“Es ist nicht von der Religionsfreiheit gedeckt, LSBTI die Grundrechte abzusprechen. Kein heiliger Text steht über den Rechten, die unser Grundgesetz garantiert. Es ist unverantwortlich, wenn religiöse Autoritäten zu konkreten Fällen von Diskriminierung und Gewalt gegenüber LSBTI konsequent schweigen oder sie nicht eindeutig verurteilen.”

Reliöse homophobe Aussagen & Gegenargumente

Ich habe im Text bereits ein Beispiel von reliösen homophoben Aussagen genannt: “Die Bibel sagt Homosexualität ist eine Sünde!”.

Was kannst du auf solche Aussagen antworten?

Schau gerne mal bei Dear Homophobe vorbei. Das ist ein Projekt von mir – eine Sammlung von queerphoben Aussagen & den perfekten Argumenten um sie zu entkräften. Nutze einfach den Filter Religion um alle homophoben Aussagen rund um Religion zu sehen.

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Beim Regenbogenportal findest du eine Auflistung an Hilfsangeboten. Dort kannst du nach z. B. PLZ & Art der Beratung filtern. Für alle jungen LGBTQ+ Personen bis 27 Jahre empfehle ich Coming Out Und So. Dort kannst du dich direkt per Messenger App beraten lassen.

Wenn du sofort mit jemandem sprechen möchtest, erreichst du die Telefonseelsorge unter diesen beiden Nummern: 0800 / 111 0 111 , 0800 / 111 0 222 oder per Chat.

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